Kategorie Blog Kommunikation
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Keine weltmeisterliche Glanztat...weder von Deutschlands Nummer 1, noch von den Medien.

Deutschlands Nummer 1 Manuel Neuer wird dabei gefilmt, wie er im Urlaub das Lied „Lijepa li si“ der als faschistisch/rechtsextrem gesehenen Band „Thompson“ mitsingt. Die Konsequenz: Ein mediales Echo, das auch zeigt, wie fahrig wir mit der im Grundgesetz verankerten Unschuldsvermutung umgehen.

Manuel Neuer – nicht nur fußballerisch ein Muster-Profi

Doch der Reihe nach: Manuel Neuer, hochdekorierter Profi-Fußballer, zigfacher deutscher Meister, Pokalsieger, Weltmeister, Welttorhüter, Champions-League-Sieger – einer, der das Torwartspiel auf ein neues Niveau gehoben hat. Eine Person des öffentlichen Lebens mit Vorbildfunktion. Und medial? Eine Persönlichkeit, jemand, der durchaus seine Meinung zu sagen weiß – so zum Beispiel auch im Kontext der #wirsindmehr-Bewegung.  Der 11freunde-Redakteur Tim Jürgens charakterisiert ihn als Weltklasse-Torwart, der rhe­to­ri­sche Fett­näpf­chen ähn­lich gut anti­zi­piert wie beim Raus­laufen auf dem Platz frei­ste­hende Gegner.“

Und wie es so bei Promis wie Manuel Neuer ist, weidet sich der Boulevard an allen Themen außerhalb des Platzes: Das Ehe-Aus von Manuel Neuer wurde Anfang des Jahres publik und natürlich mit Kusshand aufgenommen. Dieses Mal ist die Situation ein wenig anders gelagert: Zwar handelt es sich wieder um Insights aus dem Privatleben Neuer’s – die ethisch-moralische Dimension und Tragweite ist jedoch eine andere.

Liedgut, das mit faschistischen Inhalten kokettiert

Zum Hintergrund: Im Video ist zu sehen, wie der 34-Jährige gemeinsam mit Bayern-Torwarttrainer  Toni Tapalovic und anderen Urlaubern in Kroatien ein Lied der kroatischen Band „Thompson“ mitsingt. Die Band, benannt nach dem von einer Maschinenpistole abgeleiteten Künstlernamens von Sänger Marko Perovic bewegt sich in Sachen Liedgut immer an der Grenze zwischen Patriotismus und Faschismus. Oft verschwimmen die Grenzen zwischen Vaterlandsliebe und Nationalismus, wie im von Neuer besungenen Lied „Lijepa li si“ (Zu Deutsch: „Du bist schön“) deutlich wird. Die Kritik am Song bezieht sich dabei vor allem auf die Liedzeile, die „Herceg Bosna“ als „stolzes Herz“ Kroatiens bezeichnet – und damit das Gebiet, in dem es während des Bosnienkrieges grauenvolle Massaker durch kroatische Militärs und Paramilitärs an der bosniakischen und serbischen Zivilbevölkerung gab.

Hinzu kommt die offen rechte Gesinnung von Sänger Marko Perovic, von dem es Videos gibt, in denen dieser den Hitlergruß zeigt. In Kroatien ist Perovic dennoch ein Superstar und füllt bei Konzerten die großen Arenen seines Landes. „Lijepa li si“ wird dabei von den kroatischen Fans wie eine zweite Nationalhymne bei Spielen der kroatischen Nationalmannschaft intoniert. Und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel klatschte bei einem Staatsbesuch in Zagreb ganz arglos bei dem in Kroatien äußerst populären Song mit.

Eine größere Achtung vor der Unschuldsvermutung wäre wünschenswert

Aus kommunikativer Sicht sollte bei der Causa „Liedgate“ folgendes beachtet werden: Es ist davon auszugehen, dass Manuel Neuer mangels Sprachkenntnisse überhaupt wusste, welche Zeilen er da genau mitsingt. Der Rechtsstaat kennt da das Prinzip der Unschuldsvermutung – doch diese scheint in postfaktischen Zeiten nur bedingt zu gelten. Wie schnell digitale Medien die Meldung „Manuel Neuer singt faschistisch-rechtsextremes Liedgut“ aufgegriffen haben, ist bemerkenswert. Und wie schnell die Grenze zwischen „Manuel Neuer singt…“ und „Manuel Neuer verbreitet rechtsextremes Gedankengut“ wurde, passt zum Zeitgeist, bei der es gefühlt nur noch darum geht, eine Sau nach der anderen durchs Dorf zu treiben. Seriöser Journalismus und Werte wie die Einhaltung von Persönlichkeitsrechten scheinen längst anderen Zielen gewichen zu sein. Dass so ein verdienter Sportler voreilig in die rechte Ecke gestellt wird, interessiert in Zeiten der Meinungsmache viele nicht mehr. Der Image-Schaden ist angerichtet und das Management von Manuel Neuer wird einiges an Reparaturarbeit leisten müssen, um das „Eigentor“ wieder gutzumachen. Gut möglich, dass die erste Frage nach dem Wiederauftakt der Champions League an Manuel Neuer ist: „Wie sehr hat es Sie belastet, dass Sie in der Öffentlichkeit als Rechter dargestellt wurden?“

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