Wie die Stiftung Warentest im „Fall Mineralwasser“ Testergebnisse aufbauscht

Die Stiftung Warentest genießt bei Verbrauchern hohes Ansehen: 81 Prozent der Deutschen hatten im Juli laut einer Erhebung des PR-Verbandes GPRA sehr großes oder großes Vertrauen in die Stiftung Warentest – mehr als in jede andere Verbraucherschutzorganisation.

GPRA-Vertrauensindex: Stiftung Warentest auf Platz 1

GPRA-Vertrauensindex: Stiftung Warentest auf Platz 1

Allerdings ist die Stiftung Warentest in erster Linie ein Medienunternehmen, das von den Erlösen seiner Hefte und der Website lebt. Umso weniger verwundert es, dass die Warentester gerne mal Probleme schaffen und aufbauschen, die mitunter gar nicht existieren. Denn schlagzeilenträchtige Testurteile erzeugen Aufmerksamkeit und sorgen für die gewünschte Auflage…

Wasser marsch!

So auch im Fall des Mineralwasser-Tests vom Juli 2014. Die Stiftung Warentest prüfte 30 Medium-Mineralwässer: in zehn Produkten wurden Verunreinigungen im Nanogramm-Bereich (1 Milliardstel Gramm) festgestellt, darunter ein künstlicher Süßstoff sowie Abbauprodukte von Pestiziden und von einem Korrosionsschutzmittel. Nur sechs Mineralwässer konnten die Verbraucherschützer uneingeschränkt empfehlen. Darunter vier günstige Handelseigenmarken.

Die Verunreinigungen in den Produkten stellen laut Stiftung Warentest kein gesundheitliches Risiko dar. Auch im Experten-Jargon werden die beanstandeten Wasser-Verunreinigungen als „nicht-relevante Metaboliten“ bezeichnet, weil sie kein toxisches Potenzial für Mensch und Umwelt enthalten (Quelle: Spiegel.de).

Wo liegt demnach das Problem? Der Stiftung Warentest geht es ums Prinzip: „Die Befunde, auch im Spurenbereich, gefährden die ursprüngliche Reinheit.“

Unrealistische Messstandards

Arno Dopychai vom Verband Deutscher Mineralbrunnen sieht die Hersteller an den Pranger gestellt und kritisiert die Messmethode der Stiftung Warentest. Gegenüber dem Tagesspiegel gab er an, dass Süßstoffe und die so genannten nicht-relevanten Metaboliten hochgradig wasserlöslich und deshalb auch nicht vollständig in den Mineralwässern auszuschließen seien. Diese Stoffe habe es aber schon immer in allen Wässern gegeben, doch erst seit 2007 sei der Nachweis durch ein spezielles Verfahren möglich. „Die Methode schafft also das Problem“, meint Dopychai laut tagesspiegel.de.

Wenn die Warentester also von einem Nullstandard an Verunreinigungen im Mineralwasser ausgehen – der laut Dopychai nicht möglich ist – wird hier möglicherweise mit einem Maß gemessen, das gar nicht erfüllt werden kann?

Selbstverständlich springen die Medien auf ein solches Warentest-Urteil an und transportieren den „Skandal“ weiter:

"Trinken wir verunreinigtes Mineralwasser?" Quelle: stern.de

„Trinken wir verunreinigtes Mineralwasser?“ Quelle: stern.de

"Pestizide im Mineralwasser" (Quelle: bild.de

„Pestizide im Mineralwasser“ (Quelle: bild.de)

"Mineralwasser enthält auf Schadstoffe" (Quelle: wiwo.de)

„Mineralwasser enthält auf Schadstoffe“ (Quelle: wiwo.de)

Verbraucherverunsicherung statt Verbraucherschutz?

Ziel der Stiftung Warentest ist es – nach eigener Aussage – „dem Verbraucher durch die vergleichenden Tests von Waren und Dienstleistungen eine unabhängige und objektive Unterstützung zu bieten“. Doch wie unabhängig und objektiv kann man sein, wenn man Auflage braucht? Im Fall Mineralwasser wird jedenfalls eine Gefahr suggeriert, obwohl überhaupt keine reale Bedrohung existiert. Verbraucherverunsicherung statt Verbraucherschutz also?

Bereits im Februar wurde im NDR in der Sendung Panorama über die Problematik der Skandalisierung bei Produkttests berichtet. Professor Ortwin Renn, Risikoforscher an der Universität Stuttgart, kommentierte in diesem Beitrag, dass es in der letzten Zeit zu einer Inflation von Begriffen gekommen ist, die alles noch schlimmer aussehen lassen als es ist: „Wir erleben eine Zunahme von Superlativen aller Art, das Schlimmste, das Furchtbarste, das Kritischste und danach geht es nicht mehr weiter“.

Hubert Weiger, Vorsitzende des BUND, beobachtet – ebenfalls in „Panorama„: „Ohne Zuspitzung, in der Tat und das sage ich ganz deutlich, gibt es kaum Möglichkeiten, überhaupt gehört zu werden.“

Stimmt: Skandale schaffen Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit schafft Auflage, Auflage generiert Erlöse, Erlöse sichern das Überleben eines Unternehmens – und da schließt sich der Kreis.

Übrigens: Auch Ökotest kennt diese „Regel“ – wie der Spinat-Test vom Februar 2014 beweist.

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