Von Schoko-Pizza-Hype bis Alsterwasser-Skandal

Es ist keine neue Erkenntnis, dass Themen, die überraschen und/oder polarisieren (im Idealfall beides), die meiste Aufmerksamkeit bekommen und hohe Reichweiten erzielen – also genau das, was sich Werbeschaffende für ihre Marke wünschen. In den Medien ist diese Praxis vor allem bei Boulevardblättern gang und gäbe. Inzwischen haben auch Unternehmen und Agenturen das Phänomen für sich entdeckt und kreieren gemeinsam kreative, verrückte oder auch skandalöse Neuprodukte, die vor allem dem PR-Zweck dienen.

Ein großer Coup ist zuletzt Dr. Oetker mit ihrer neuen Schoko-Pizza gelungen. Als die ersten Meldungen dazu über den Newsticker liefen, dachten viele, dass es sich um einen verfrühten April-Scherz handelt. Umso größer dann die Aufregung, als klar wird, dass die besagte Pizza tatsächlich auf den Markt kommt: „Was? Echt? Die gibt’s wirklich?!“ Dieser Überraschungseffekt gepaart mit der Alleinstellungsposition als erste Schokoladen-Tiefkühlpizza hat nicht nur den medialen News-Wert gesteigert, sondern Dr. Oetker als innovative Marke ins Gespräch gebracht. Quasi eine Win-Win-Situation für Werber und Redakteure. Die einen bekommen Reichweite und positive Marken-Awareness, die anderen eine Meldung mit echtem News-Wert und somit relevanten Content für ihre Leser. Denn ein Neuprodukt hat insbesondere für Redakteure von Publikums- und Tagesmedien nicht automatisch genug Relevanz, um darüber zu berichten. Im Falle der Schoko-Pizza kommt dazu noch ein gespaltenes Meinungsbild: auf der einen Seite die schockverliebten Schoko-Fans, auf der anderen die miesmutigen Klassik-Pizza-Verfechter. Das Gute daran: Themen, die polarisieren, regen Diskussionen an und sorgen so für noch mehr Relevanz und Reichweite.

Polarisiert hat auch die neue Kreation von Astra. Die Hamburger Kultbiermarke hat das nordische Biermischgetränk „Alsterwasser“ aufgrund einer Neurezeptur in „Kiezmische“ mit dem pikanten Zusatz „fruchtiges, trübes Radler“ umbenannt und damit einen Shitstorm ausgelöst. Zugegeben, die Empörung darüber war abzusehen, schließlich ist allgemein bekannt, dass im Norden großer Wert auf die Bezeichnung „Alsterwasser“ gelegt und „Radler“ nicht gern gesehen wird. Aus diesem Grund liegt die Vermutung nahe, dass die Umbenennung eine gezielte PR-Aktion war. Das Unternehmen selbst dementiert das zwar und begründet die Umbenennung zum „Radler“ damit, dass Astra im gesamten Bundesgebiet beliebt ist und die Bezeichnung „Radler“ die breite Masse anspricht. Die geniale Lösung: Die Community durfte abstimmen, ob das neue Getränk zukünftig „Alsterwasser“ oder „Radler“ heißen soll. Klares Ergebnis: deutschlandweit wurde mehrheitlich für „Alsterwasser“ gestimmt. Aus PR-Sicht war Astra damit in doppelter Hinsicht erfolgreich. Zum einen hat sich die Marke damit mediale Relevanz verschafft und konnte das Neuprodukt redaktionell platzieren. Zum anderen haben sie gezeigt, dass ihnen die Meinung der Verbraucher wichtig ist und so hohe Sympathiewerte bei der Käuferschaft erzielt.

Und die Moral von der Geschicht: Wer Mut beweist, wird oft belohnt. Neuprodukte für PR-Maßnahmen zu nutzen ist ein alter Hut. Sie jedoch so überraschend und polarisierend zu gestalten, dass sie einmal angestoßen, zum medialen Selbstläufer werden, ist eine neue Dimension, die sich seit der limitierten Einhorn-Schokolade von Ritter Sport Ende letzten Jahren zu einer gängigen Methode entwickelt hat. Anhand dieser Beispiele wird außerdem deutlich, dass es ein großer Vorteil sein kann, PRler bereits in der Konzeption von Neuprodukten einzubinden, um diese für spätere PR-Maßnahmen optimal zu gestalten.

 

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