How To: Monotasking für Goldfische
Seit Jahren schwirren Artikel durch Online- und Printmedien, die den Mythos Multitasking faktengestützt widerlegen. Es sei produktiver, sich auf einen Task zu konzentrieren, statt seine Aufmerksamkeit auf mehrere Themen zu zersplittern. Pomodoro-Methode und Co empfehlen: Timer setzen, mindestens 20 Minuten auf einen Task konzentrieren, Produktivität steigern, boom.
Diese Erkenntnisse beziehen sich auf die gesamte arbeitende Bevölkerung – natürlich auch inklusive der Generationen Y, Z & Co. Und diese haben die viel beschriene Aufmerksamkeitsspanne eines – beschränkten – Goldfischs*. Wie passt das zusammen? Was passiert, wenn wir Digital Natives versuchen, uns eine halbe Stunde ausschließlich auf eine einzelne Tätigkeit zu konzentrieren? Dann werden Instagram und Pinterest plötzlich noch viel interessanter, die Kaffeetasse ist wieder leer, der Desktop könnte eigentlich mal wieder aufgeräumt werden, sind neue Notifications auf meinem Smartphone, wann kommt eigentlich mein Päckchen an, vielleicht kann ich währenddessen schon über den nächsten Punkt auf meiner To-Do-Liste nachdenken … Sind unsere reizüberfluteten und multimediabombardierten Hirne überhaupt noch monotaskingfähig?
Sollten die ersten Versuche, wieder bewusst zu monotasken, schiefgehen, ist das eigentlich kein Wunder: Wenn es Normalität ist, seine Aufmerksamkeit auf zwei oder mehr Bildschirme aufzuteilen und dabei noch eine ganze Sammlung von Gesprächen gleichzeitig zu führen, dann kann fokussierte Stille plötzlich zur unerwarteten Herausforderung werden.
Wir wissen also, dass wir eine kurze Aufmerksamkeitsspanne haben, die uns immer wieder ins scheinbar produktive Multitasking treibt. Wir wissen auch, dass Multitasking die Produktivität nicht wirklich steigert und womöglich auch noch unnötigen Stress produziert – aber warum ändern wir dann nichts? Weil es nicht so einfach ist – denn konsequentes Monotasking erfordert Übung!
Deswegen gibt es jetzt acht Anti-Goldfisch-Tips für Millennials/Dummies/Millennial-Dummies:
1. Das Smartphone nicht mehr mit aufs Klo nehmen.
Ging früher auch. Lieber kurz die Ruhe genießen.
2. Mal Werbung gucken.
Klingt kontrovers, ist aber so. Einfach mal ausprobieren: Wenn zum Beispiel vor einem YouTube-Video eine kurze Werbung läuft, heißt das nicht, dass man in dieser Zeit zwingend zehn neue Tabs öffnen, Online-Sales durchforsten und drei Mails beantworten muss. Man muss der Werbung ja nicht unbedingt zuhören – aber es hilft, mental bei dem Video zu bleiben, das man eigentlich schauen wollte.
3. Smartphone außerhalb des Sichtfeldes ablegen
Einfach, aber effizient! Keine Angst, es ist dann immer noch da – aber man greift weniger häufig zu, wenn man es nicht sieht.
4. Artikel komplett lesen.
Wer kennt es nicht: Man liest online einen Artikel und sobald man alles Relevante erfasst zu haben scheint, klickt man auf den nächsten … und nach der Hälfte dieses Artikels wiederum auf den nächsten. Wenn man sich damit keine verkürzte Aufmerksamkeitsspanne antrainiert, dann weiß ich auch nicht.
5. Eine Nacht ohne Smartphone.
Der Oldtimer unter den Tipps aus der Monotasking-für-Millennials-Kategorie! Jeder von uns hat ihn schon gehört und vermutlich lächelnd abgewinkt. Aber wer hat ihn wirklich schon ausprobiert? Also altmodischen Wecker stellen und Smartphone nebenan aufladen. Was das mit Monotasking zu tun hat? Auch beim Einschlafen lohnt es sich, die Aufmerksamkeit bei sich zu behalten und den Tag nicht mit einem Informations-Dauerbeschuss zu beenden.
6. Für die ganz Harten: Meditation
Meditations-Apps wie headspace sind auf dem Vormarsch. Hier können sich auch Anfänger langsam ans stille Sitzen rantasten.
7. Wichtig: Nur auf einen Tipp auf einmal konzentrieren! ?
Das sind natürlich nur einige meiner Lieblings-Beispiele. Jedes Gehirn funktioniert ein wenig anders, also hat auch jeder von uns seine eigenen Goldfisch-Tips. Und wenn wir alle ein wenig an unserer Aufmerksamkeitsspanne arbeiten, dann können wir vielleicht auch den Fluch des Goldfischs irgendwann hinter uns lassen. Ich wünsche frohes Ausprobieren!
*Hierbei und bei meinen weiteren Überlegungen beziehe ich mich auf die jeweilige Generation als Ganzes, was nicht heißt, dass es nicht noch einzelne überlebende Gehirne mit der Aufmerksamkeitsspanne sehr cleverer Goldfische gibt.