Die Zerschlagung des Streaming-Markts
Wenn die Verbraucherfreundlichkeit dem Wettbewerb zum Opfer fällt
Der Sommer neigt sich dem Ende und spätestens, wenn sich die nasskalten Regentage häufen, geht die Hochsaison des Binge Watchings wieder los. Dass diese exzessive Art des Medienkonsums inzwischen einen eigenen Fachbegriff hat, mag in Zeiten der Digitalisierung wohl keinen mehr verwundern. Was auch klar ist: Ohne Streaming-Abo macht Binge Watching nur halb so viel Spaß. Die Anbieter der Wahl sind hier derzeit vor allem Netflix und Amazon. Im Laufe der letzten Jahre haben beide ein beachtliches Repertoire an hochwertigen Eigenproduktionen veröffentlicht und ihre Nutzer daran gewöhnt, dass innerhalb kürzester Zeit eine neue Serie auf die andere folgt – und das in höchster Qualität mit immer wieder neuen, überraschende Stories und Themenschwerpunkten. Denn der Quotendruck ist gerade bei Streaming-Angeboten enorm. Performed eine Serie nicht, wird die Produktion schnellstens eingestellt. Dass es soweit kommt, dafür sorgen die Streaming-Plattformen mit umfangreicher Analyse und Big Data.
Streaming-Angebote sind ein enormer Wachstumsmarkt und das lineare Fernsehen verliert immer weiter. Das wollen neben Netflix und Amazon natürlich auch andere große Unternehmen für sich nutzen und so stehen bereits eigene Dienste von Big Playern wie Disney, CBS, WarnerMedia oder Apple mit exklusiven Film- und Serienproduktionen in den Startlöchern. Die Schlacht um die Abonnenten-Gunst hat also begonnen! Dabei ist jedoch zu befürchten, dass die Verbraucherfreundlichkeit auf der Strecke bleibt. Denn zukünftig wird es wohl nötig sein, deutlich mehr Abos abschließen zu müssen, um alle Lieblingsserien und -filme zu schauen. Im Sport ist das mit Sky, DAZN, Telekom Sport sowie Sport1 Plus inzwischen Normalität – und das dürfte erst der Anfang sein.
Was unterm Strich dabei herauskommt, ist eine Fülle an Optionen, die eine völlige Überforderung und somit Frustration der User zur Folge hat. Hier stellt sich zwangsläufig die Frage, ob das nicht schon der Anfang vom Ende ist. Macht es wirklich Sinn, den Markt mit Angeboten zu zerschlagen und nicht wie bisher mit den Lizenzrechten zu verdienen? Muss wirklich jeder „sein eigenes Ding machen“ – des Images wegen oder um langfristig den höchstmöglichen Gewinn zu erzielen? Die Antwort der milliardenschweren Konzerne lautet momentan offensichtlich noch „Ja“ und Wettbewerb schlägt Verbraucherfreundlichkeit.
Wie sich der Markt in Zukunft gestalten wird und ob sich der Eintritt ins Streaming-Geschäft langfristig für alle Unternehmen lohnt, bleibt abzuwarten. Schließlich hat am Ende der Verbraucher zumindest insofern Einfluss auf die Entwicklung, als dass er sich für oder gegen die Fülle an Angeboten entscheiden kann. Die Vermutung liegt nahe, dass die meisten Nutzer nicht dazu bereit sein werden, mehr Abos für Streamingdienste abzuschließen. Demnach wird sich schnell zeigen, welcher Anbieter das attraktivste Angebot hat und die meisten Nutzer an sich binden kann.
Die Traumvision aller Verbraucher – auch wenn man dann von einem Monopol im Stile von Google oder Amazon reden müsste: Eine Plattform, die die Angebote aller Anbieter vereint und deren Preisgestaltung sich nach den individuellen Bedürfnissen der User richtet. Momentan ist das noch Zukunftsmusik. Doch wer weiß, vielleicht siegt am Ende doch die Macht des Verbrauchers und der Kampf ist noch nicht endgültig entschieden.