Die Herausforderungen für Journalisten und Verlage im Online-Zeitalter
Das Printmedium Zeitung wird in der Lesergunst zunehmend durch die Online-Auftritte der Zeitungsherausgeber im Internet abgelöst. Der Konsument bezieht seine Neuigkeiten aus dem Netz und kann von unterwegs mit dem mobilen Endgerät jeder Zeit Informationen abrufen – dies zumeist sogar kostenfrei. Dabei wird oft vergessen, dass auch hinter einem kostenlos angebotenen Artikel im Internet immer noch Arbeit und Zeitaufwand von Journalisten steckt, die wiederum bezahlt werden müssen. Die Verlage suchen daher nach Bezahlmodellen, um Online-Artikel zu refinanzieren.
Bereits jetzt gibt es eine ganze Reihe von unterschiedlichen Ansätzen:
- Paywall
Beispielsweise gibt es bei manchen Zeitungen wie bei der „Welt“ oder „Wall Street Journal Deutschland“ sogenannte Paywalls – zu Deutsch „Bezahlmauern“ – die ein Weiterlesen verhindern, solange man nicht für den Inhalt zahlt. Bei diesem Modell werden nur eine Auswahl kostenpflichtig angeboten. Der Leser wird zu einer Zahlung aufgefordert, oder zum Abschluss eines Abonnements. Die taz hat eine Sonderform der Paywall eingeführt. Sie überlässt es dem Leser, ob dieser für den gelesenen Inhalt Geld zahlen möchte, oder nicht. Mit dieser eigenen Interpretation der Paywall hat die taz seit 2011 über 270.000€ eingenommen.Vor allem BILD Plus ist hier ein beliebtes, noch junges Beispiel. Die Leser werden mit interessanten Schlagzeilen „geködert“ und können beim Anklicken des Artikels nur ein paar Zeilen lesen. Sie werden dann zum Zahlen aufgefordert, um den Artikel ganz lesen zu können. Eine geschickte Strategie, die Leute anzufixen und mit spannenden Aufhängern zu locken und sie dann zur Kasse, beziehungsweise zum Abschluss des BILD Plus Abonnements zu bewegen.
- Micropayment-Systeme
Der Begriff Micropayment bezeichnet ein Zahlungsverfahren, bei dem der Leser eines Artikels zur Zahlung einer kleiner Gebühr zwischen 0,001€ und 5,00€ aufgefordert wird, um einen einzigen Artikel lesen zu können. Stiftung Warentest macht hiervon beispielsweise Gebrauch. Die Verbraucherorganisation bietet einige Testberichte nur gegen die Bezahlung eines kleinen Beitrags für den Leser an. - Crowdfunding
Ein weiteres Bezahlmodell für journalistische Angebote und Projekte im Netz ist das Crowdfunding. Journalisten können ihre Themen und Projekte vorstellen über die sie berichten wollen. Das Publikum kann dann entscheiden, was publiziert werden soll, indem sie mit Spenden das Projekt unterstützen. Krautreporter ist eine solche Crowdfunding-Plattform.Journalistische Themen werden hier angeboten und die Internet-Community kann bestimmen, welche Projekte sie durch Spenden unterstützen mag. Der Name setzt sich zusammen aus „Crowd“ und Reporter. Die Plattform versteht sich als eine Zusammenkunft von Reportern und die Crowd („Kraut“) kann entscheiden, welche Projekte umgesetzt werden.
- Bannerwerbung
Zuletzt gibt es natürlich noch die klassische Onlinewerbung – ein Bezahlungsmodell, das sich auf fast jeder Internetseite wiederfindet. Kunden können Werbung auf den Internetseiten der Zeitungen schalten und diese werden dem Leser neben den Artikeln angezeigt. Ein Modell, von dem sich Verlage hohe Einnahmen erhoffen. Die Akzeptanz für solche Werbeanzeigen ist eher gering, da sie zumeist nicht zum Content passen und zumeist als störend wahrgenommen werden. Entsprechend wächst die Zahl der Internet-User, die einen so genannten Adblocker installiert haben.
Wirtschaftlichkeit und Traffic als Kernaufgabe – Relevanz als Schlüssel
Den Konsumenten dahin zu führen, für Inhalte zu zahlen, ist nicht trivial – denn gerade im Internet scheint die „Umsonst-Kultur“ besonders verbreitet. Dennoch müssen Verlage gewährleisten, dass ihre im Internet präsentierten Inhalte Geld abwerfen, um wirtschaftlich zu bleiben. Doch auch für die Journalisten bedeutet dies ein Umdenken in ihrer Arbeitsweise. Im Internet kann man sich Informationen holen, wann man sie will und braucht. Wenn der gefundene Inhalt für den Konsumenten aber nicht gewinnbringend ist, wird weiter gesucht. Dadurch besteht für die Journalisten im digitalen Zeitalter eine neue Herausforderung. Sie müssen es mit ihren Artikeln schaffen, dass die Internet-Nutzer die Artikel lesen und konsumieren. Entscheidend sind Views und ein möglichst hoher Traffic auf den Seiten. Denn nur dann können die Verlage durch Bannerwerbung oder andere Modelle monetäre Gewinne erzielen.
Spiegel-Chefredakteur Wolfgang Büchner vollzieht gerade einen Wandel im Journalismus. Er möchte, dass die Ressortchefs für die Print und Online-Ausgabe verantwortlich sind. Dies zeigt an, wie wichtig eine Online-Präsenz für die Zeitungen ist. Viele Verlage machen es vor und konzentrieren sich auf das Geschäft im Netz. Die Axel Springer AG setzt in ihrem Geschäftsmodell auf die Digitalisierung. Zuletzt trennten sie sich von vielen Traditionsblättern und verlagerten ihr Kerngeschäft ins Internet, um mit dem Wandel der Zeit zu gehen und online Inhalte anzubieten. Zudem kann online die vermeintliche Qualität eines geschriebenen Artikels, oder zumindest die Beliebtheit durch Views angezeigt werden. In den USA haben die Seitenaufrufe und die Klicks der Artikel schon an Bedeutung gewonnen und immer mehr Verlage legen großen Wert auf diese Kennzahlen. Journalisten werden teilweise nach Klickabrufen bezahlt. Neben dem Grundgehalt werden die Journalisten nach dem Traffic auf ihren verfassten Artikeln bezahlt. „The Oregonian“, eine Tageszeitung aus Amerika, hat dieses neue Bezahlungsmodell für ihre Reporter eingeführt.
Fazit
Wenn so etwas auch bei deutschen Zeitungen eingeführt wird, bleibt wohl zu befürchten, dass die Klicks auf Artikel immer wichtiger werden und über Erfolg und Misserfolg, beziehungsweise das Gehalt eines Journalisten mitbestimmen. Diese Idee der Bezahlung könnte eventuell für Neueinsteiger im Journalismus und Volontäre genutzt werden, um deren Entlohnung vom „Können“, beziehungsweise von deren Ansehen der Internet-Community abhängen. Doch welche Inhalte werden gelesen? Es stehen natürlich diese im Vordergrund, die für den Leser relevant sind. SEO-optimierter Content wird auf der Informationssuche im Netz gelesen, da er weit nach oben geranked wird. Sind die Inhalte SEO-optimiert, werden sie dem Leser also angezeigt und der Verlag erhält Klicks und somit Geld. Eine Maschinerie, die eventuell mit gutem Journalismus nicht mehr allzu viel zu tun hat, sondern sich mehr darum dreht, welche Inhalte dem Leser angezeigt werden und diesen auf den Artikel locken. Fraglich ist, ob sich durch eine Beliebtheit der gelesenen Artikel wirklich auch Qualität erkennen lässt. Vielmehr ist es nur bedingt der gute Journalismus, der viel geklickt wird – wie das Beispiel heftig.co zeigt.