Die ganz eigenen Studiendesigns von ÖKO-TEST

Das Verbrauchermagazin ÖKO-TEST veröffentlichte in der Ausgabe 02/2014 die Ergebnisse seines Tiefkühlblattspinat-Tests. In diesem Test wurden 17 Produkte im Hinblick auf ihre Schadstoffbelastung mit Nitrat, Cadmium und Perchlorat überprüft. Das Ergebnis: ÖKO-TEST empfiehlt nicht einmal die Hälfte der Produkte. Aber woran liegt das? Sind die Produkte tatsächlich so schlecht wie sie dargestellt werden?

Die Antwort ist einfach: Nein.

Zwar verdienen zwei Produkte zu Recht die Note „ungenügend“, da sie die Schadstoffe Cadmium und Perchlorat in den Mengen enthalten, die den gesetzlichen Grenzwert bzw. den europäischen Referenzwert überschreiten. Andere Produkte hingegen erhielten schlechte Noten oder wurden abgewertet, weil das Verbrauchermagazin dem Test ein Bewertungssystem zugrunde gelegt hat, das ganz eigenen Regeln folgt.

Wenn gewünschte Ergebnisse produziert werden

Überprüft man Produkte im Hinblick auf ihre Schadstoffbelastung ist eigentlich der erste Schritt, die gesetzlichen Grenzwerte als absolute Höchstwerte hinzuzuziehen: Laut Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung, das für die wissenschaftliche Beurteilung der Sicherheit von Lebensmitteln zuständig ist, darf Tiefkühlspinat z.B. nicht mehr als 2000 mg Nitrat pro Kilogramm Spinat enthalten (Quelle). Da alle Produkte unter diesem gesetzlichen Grenzwert liegen, musste ÖKO-TEST eine andere Bewertungsmethode anwenden. So betrachtet das Verbrauchermagazin den Tolerable Daily Intake (TDI), die tolerierbare tägliche Menge eines Stoffes, die über die gesamte Lebenszeit täglich gegessen werden kann, ohne dass dadurch gesundheitliche Gefahren zu erwarten wären. Dieser TDI ist abhängig von der Verzehrmenge.

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Wohl der Einzige, der pro Woche 1,4 kg Blattspinat verzehrt – Popeye der Seemann – (c) Walt Disney.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung spricht bei einer Verzehrmenge von 18 g Spinat pro Tag von einem „Vielverzehrer“ (Quelle, S. 2). ÖKO-TEST legt seinen Bewertungen eine Verzehrmenge von 200 g Spinat pro Tag zu Grunde. Also eine mehr als zehn Mal so hohe Verzehrmenge. Führt man sich das vor Augen, würde laut ÖKO-TEST jeder Erwachsene pro Woche 1,4 kg Tiefkühlspinat essen. Eine Menge, die vermutlich nur Popeye der Seemann zu sich nimmt. Verzehnfacht man also die Verzehrmenge, nimmt man folglich auch zehn Mal so viele Schadstoffe zu sich. Dieses „Tricksen“ verzerrt natürlich die Realität und schreibt Produkten einen „erhöhten“ oder „stark erhöhten“ Nitratgehalt zu, der nicht gerechtfertigt ist.

Skandale schaffen Auflage

Leider lässt sich immer öfter beobachten, dass Medien – nur um die Verkaufszahlen des Heftes zu steigern – bereit sind, Negativschlagzeilen zu produzieren und zu skandalisieren. Erwartbare Ergebnisse verkaufen sich eben schlechter. So ist es doch viel frappierender, wenn die Discounter-Produkte die Marken-Produkte im Test schlagen und nicht einmal die Hälfte der Produkte empfehlenswert ist. Ein Test, der zeigt, dass Äpfel gesund sind, ist ja auch langweilig – keine Sensation… Auch die vermeintlich objektive und uneigennützige Haltung vieler Medien darf an dieser Stelle in Frage gestellt werden.

Flagge zeigen!

Welche Konsequenzen ein solcher „objektiver“ Test für die betroffenen Unternehmen hat spielt für die Tester keine Rolle. Zurück bleiben verunsicherte Verbraucher und Imageschäden für den Hersteller. Stellungnahmen seitens der betroffenen Unternehmen bleiben meist aus, um nicht noch mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu geraten und an den Pranger gestellt zu werden. In Passivität zu verharren kann jedoch nicht die Lösung sein. Ein professioneller Umgang mit Krisen und ein gut durchdachtes Krisenmanagement im Unternehmen sind eine absolute Notwendigkeit, um Imageschäden zu verhindern.

Einen ersten Schritt raus aus der Passivität wagt derzeit übrigens Ritter Sport. Seit Wochen liefert sich das Familienunternehmen einen Rechtsstreit mit Stiftung Warentest. Im Mittelpunkt des Konflikts steht das Vanillearoma Piperonal, das Stiftung Warentest in einer Nuss-Schokolade von Ritter Sport entdeckt hatte. Dieser Stoff sei  – anders als von Ritter Sport angegeben – nicht natürlich, sondern chemisch hergestellt worden. Entsprechend wurde die Schokolade mit „mangelhaft“ beurteilt. In erster Instanz konnte Ritter Sport bereits einen Sieg erringen. Ein gutes Beispiel dafür, dass die vermeintliche „Deutungshoheit“ angesehener Organisationen, Vereine oder Medien nicht bedingungslos hingenommen werden sollte.

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