Die Emoji-Revolution
Das „Wort des Jahres 2015“ ist – jedenfalls nach Ansicht des Oxford Dictionary – kein Wort. Sondern das Emoji mit dem fast poetisch klingenden Namen „Face with Tears of Joy“. Oder kurz:
Im Internet-Slang kennt man das Emoji ? noch unter den Kürzeln lol (laughing out loud), lmao (laughing my ass off), lmfao (laughing my fucking ass off) – oder einfach nur als hahaha etc. Was Emojis jedoch so besonders macht: ? ist eben kein einzelnes Wort. Sondern vielmehr der Ausdruck von Gefühlen und Emotionen, kondensiert auf ein kleines Icon.
Die Ernennung eines Emojis zum „Wort des Jahres“ ist jedoch vielmehr als ein Kuriosum – denn immerhin stehen diese zunehmend für einen Wandel in der schriftlichen Kommunikation. Rund 50 Millionen Menschen in Deutschland nutzen inzwischen ein Smartphone – und von diesen nutzen zwischen 80% und 90% Emojis. Und selbst wenn man keine Emojis verwendet – 99,8% haben bereits die kleinen Bildchen z.B. in WhatsApp-Nachrichten etc. gesehen. In den USA versendet jeder Mensch durchschnittlich 96 Emojis pro Tag. Weltweit sind es über 6 Millionen Emojis, die jeden Tag verschickt werden.
„We just thought, when you look back at the year in language,
one of the most striking things was that, in terms of written communication,
the most ascendant aspect of it wasn’t a word at all, it was emoji culture.“
Caspar Grathwohl, Präsident von Oxford Dictionaries
Die Evolution: Smileys – Emoticons – Emojis!
Smileys oder Emoticons gibt es schon lange. Die älteste belegbare Verwendung des Smileys geht auf den amerikanischen Werbegrafiker Harvey Ball zurück, der 1963 zwei Punkte und einen gebogenen Strich in einen gelben Kreis für eine Anstecknadel zur Verbesserung des Betriebsklimas einer Versicherung zeichnete. Ball wurde damals mit 45 Dollar entlohnt – und das Zeichen rechtlich nicht gesichert. Die erste überlieferte Emoticon : – ) ist sogar noch älter und findet sich z.B. in der Deutschen Postzeitung von 1896 unter dem Begriff „Telegraphische Zeichenkunst“ wieder. Während Smileys oder Emoticons primär Gefühle ausdrücken, steht der Begriff Emoji für hunderte von kleinen Icons – vom Smiley bis hin zur Schildkröte. Emojis wurden in den 1990ern vom japanischen Telekommunikationskonzern DoCoMo entwickelt. Der Begriff „Emoji“ kombiniert dabei die japanischen Wörter „e“ für Bild und „moji“ für Zeichen. Emoji-Erfinder Shigetaka Kurita hatte damals im Sinn, eine weltweit verständliche Sprache auf Basis von Emojis zu entwickeln. Wegbereiter für den Erfolg von Emojis auch außerhalb Japans war – allerdings eher zufällig – Apple. Denn die Software des ersten iPhones im Jahr 2007 beinhaltete eine Emoji-Tastatur, die Apple eigentlich für den japanischen Markt vorgesehen hatte. Als sich dies jedoch herumsprach, aktivierten immer mehr User die zusätzliche Tastatur, die mittlerweile standardmäßig auf fast allen Smartphones implementiert ist.
Die Revolution: Emojis als Bestandteil geschriebener Sprache
Wie sehr Emojis mittlerweile die geschriebene Sprache – vor allem in der Jugendkultur – verändert, zeigt ein kleines Beispiel. Im Mittelpunkt steht der schriftliche Ausdruck von „das hat mich zum Lachen gebracht“ im Wandel der Zeit.
„With mirth and laughter let old wrinkles come.“ – William Shakespeare, 1559
„It was a good read and it really made me laugh.“ – Oscar Wilde, 1888
„LOL.“ – Wayne Pearson, 1983
„?“ – 2016.
Nun zu sagen, dies gehe einher mit einer Verarmung der Sprache ist etwas kurz gegriffen. Vielmehr handelt es sich in gewisser Hinsicht um eine Vereinfachung, die allerdings auch unter dem Gesichtspunkt der Anreicherung von geschriebener Sprache mit einem „emotionalen Touch“ zu sehen ist. Die Verlagerung von Kommunikation auf digitale Kanäle – weg von „face-to-face“ oder gar vom Telefonieren, hin zu Messengern oder E-Mail beinhaltet ein gewisses Risiko, Missverständnisse zu produzieren. Der Psychologe Albert Mehrabian stellte bereits 1950 fest, dass nur 7 Prozent der Kommunikation verbal stattfindet („Was wir sagen“) während 38 Prozent auf Stimme/Stimmlage („Wie wir etwas sagen“) und 55 Prozent auf Gesten und Körpersprache entfallen. Bei der digitalen Kommunikation brechen also rund 93% von dem weg, was maßgeblich dazu beiträgt, ob man sich richtig versteht oder eben nicht. Nicht umsonst scheinen Ironie und Sarkasmus in digitalen Umfeldern zum Teil nur schwerlich zu funktionieren. Emojis ermöglichen es – richtig eingesetzt – Sprachnachrichten gewissermaßen mit emotionalen Kontext und „Gefühl“ aufzuladen.
Durch die Vielzahl an Emojis und den Interpretationsspielraum, die jedes einzelne Icon lässt, reichen einige wenige gar dafür aus, „die Welt zu erklären“:

Man’s Day vs Woman’s Day – in Emoji
Inzwischen gibt es ganze Bücher, die einzig und allein in Emojis geschrieben sind. Bekanntestes Produkt ist Emoji Dick – Moby Dick in Emoji-Form. Und es ist wenig verwunderlich, dass Facebook inzwischen den Like-Button um Emojis ausgebaut hat. Und auch der Saarländische Rundfunk hat eine ganze Reihe von Emoji-Interviews in seiner Mediathek.
…und was heißt der Emoji – Trend jetzt für Kommunikations-Profis?
Emojis sind keine Nische mehr. Keine Sprache der Nerds – sondern im Mainstream angekommen. Der gezielte Einsatz von Emojis im Social Web ist daher kein „maybe“.
1) Vereinfachung von Interaktion
Eine direkte Interaktion zwischen Kunde und Marke durch ein Emoji – die mit einem unmittelbaren Kaufimpuls einhergeht. Geht nicht? Geht doch – das beweisen die Kollegen von Domino’s, die mit ihrer „Bestelle eine Pizza per Emoji“-Kampagne im Jahr 2015 einen echten Meilenstein gesetzt haben:
2) Posts und Kommentare mit Emotionen verbinden
Studien zeigen, dass sich die Interaktionsrate zwischen Marke und Kunde mehr als verdoppelt, wenn die Marke emotional und auf Augenhöhe mit ihnen kommuniziert. Dabei geht es nicht um größere Reichweiten, sondern um eine Art „emotionalen Benefit“. Im B2B-Bereich gehen beispielsweise 86% der Einkäufer davon aus, dass Dienstleister/Lieferanten innerhalb eines Segments mehr oder weniger das Gleiche verkaufen. Erfolgsversprechende Zahlen, Daten und Fakten erhöhen die Relevanz eines potenziellen Lieferanten um etwa 21% – soziale und emotionale Benefits schlagen mit 42% ein (Quelle). Aber auch in Social Media zeigt sich: Emojis bewirken sowohl in Tweets als auch Facebook-Posts eine höhere Interaktion – und sorgen für eine deutliche Emotionalisierung von Kommentaren im Rahmen des Community Managements.
3) Ausprobieren, testen – spielen!
Dass wir mitten in einem grundsätzlichen Wandel der Kommunikation sind – das dürfte mittlerweile so gut wie jedem klar sein. Wie man sich in diesen Zeiten – auch in Bezug auf die Verwendung von Emojis – am besten verhält, kann wohl niemand so genau sagen. Natürlich gibt es Studien, Zahlen, Algorithmen und Analyse-Tools, die durchaus einige Erkenntnisse ermöglichen. Aber am Ende gilt es, Tools, Sprache, Formulierungen etc. auszuprobieren, zu testen und fortlaufend zu optimieren – natürlich ohne die Marke dabei zu vergessen. Immer mit einem Auge auf den Monitoring-Tools, denn am Ende sind’s die KPIs, die zeigen, ob man auf dem richtigen Weg ist – oder nicht 🙁 .