#Appgefahren: Wishbone – Wünschelrute in der Welt der Vergleiche
Menschen vergleichen ständig: beim Autokauf, beim Hüftumfang, bei der Partnerwahl, im Job – in jeder Lebenslage. Die Medien „helfen“ dabei. Hochpsychologisch dient das Vergleichen den Menschen wohl auch zur Orientierung in einer komplexen Welt. Ob das immer gesund ist, sei dahingestellt. Dass es Spaß machen kann, wusste schon Mark Zuckerberg bei seiner Entwicklung von Facebook. In der ersten „Campus-Version“ entwickelte der Psychologie- und Informatikstudent die Website facemash.com an der Harvard Universität. Das Aussehen von Studentinnen wurde öffentlich bewertet und gegenübergestellt. Auch wenn Zuckerberg facesmash.com wieder löschen musste (weil die Studentinnen nichts von der sexistischen Aktion wussten und er sich die Fotos illegal besorgt hat). Der Grundstein für Facebook war gelegt. Auch die Dating-App Tinder arbeitet nach diesem Prinzip.
Seit ein paar Monaten gibt es jetzt mit Wishbone – in Deutsch „Wünschelrute“ – DIE App zum Vergleichen von allem, was sich so gegenüberstellen lässt. In den USA ist die App besonders bei Teeny-Mädels schon der Renner. Vier Monate ist das Baby des ehemaligen MySpace-Chefs Mike Jones nun alt und es tummeln sich bereits über drei Millionen Nutzer in der Welt der Wünschelrute.
Angemeldet ist man in ein paar Sekunden zum Beispiel über Facebook. Die Oberfläche ist einfach aufgebaut und es kann auch direkt losgehen. Gewünschelrutet wird dann einfach alles von A bis Z: Lieber Sneakers oder High Heels? Lieber Justin Bieber oder Katy Perry? Eher blauer oder schwarzer Eyeliner? Lieber Pancake oder Speck zum Frühstück?
Die Entscheidungen stammen eben aus allen Lebenswelten, die in der Teeny-Welt wichtig sind. Der Nutzer stimmt dann mit seinem Klick für eines der beiden angezeigten Bilder und bekommt sofort den aktuellen Stand der Community-Umfrage in Prozent angezeigt. Er weiß sofort: Liege ich mit meinem Geschmack auf der Seite der Mehrheit oder der Minderheit der Community?
Die Anwendung ist kostenlos und finanziert sich durch Werbung, die in Form von Videos den Spielvorgang ständig unterbrechen. Jeden Tag gibt es neue „Dozen“, Packen mit 12 Vergleichspaaren, die darauf warten beklickt zu werden und von den App-Entwicklern zusammengestellt wurden.
Wishbone als Tool für Marken-Welten?
Wie bei vielen bekannten Social Media Plattformen kann man auch hier eine Freundesliste anlegen und Usern folgen bzw. selbst Follower sammeln. Auch eigene Umfragen kann man starten, die dann von den Followern „gewishboned“ werden.
Und genau diese Funktion dürfte für Unternehmen in Zukunft wohl weit interessanter sein, als direkte Werbung zu schalten. Eine kleine, feine Einschätzung zur Marken- und Produktwahrnehmung wäre nämlich so mit ein paar Klicks in die Wege geleitet: Wer ist hier der wirkliche Wettbewerber? Wie sieht das Meinungsbild gegenüber Konkurrenzprodukten aus? Welche Food-Fotografie, die für das nächste Magazin geplant ist, kommt besser an? Welches Sommer-Outfit für den nächsten Katalog ist bei der Mehrheit beliebter? Sogar eine Art „Call-to-action“, beispielsweise zu einem Online-Store ist laut wishbone für Unternehmen möglich. (Hier ein Beispiel von wishbone wie so eine Marken-Einbindung aussehen könnte).
Denkbar sind wohl viele Möglichkeiten und auch jetzt schon werden Marken gegenübergestellt. Ein paar aktuelle Beispiele:
Das macht für Unternehmen natürlich nur Sinn, wenn die Zielgruppe der App auch mit der Marken-/Produktzielgruppe übereinstimmt: Bisher wird Wishbone eher von weiblichen, jungen Usern genutzt. Für Jungs gibt es sogar ein App-Pendant mit dem tollen Namen „Slingshot“ (Steinschleuder). Hier werden dann – ganz Klischee -eher die „Jungsthemen“ gegenübergestellt: Welcher Fußball-Spieler ist toller? Welches Auto kommt besser an?
Interessant also besonders für Kommunikationsexperten mit einer jungen Zielgruppe. Diese können sich die App ja schon mal runterladen und etwas umschauen. Ob wir in Deutschland aber in ein paar Monaten die Wünschelrute oder die Steinschleuder auch mit in die Pläne von Kommunikationsmaßnahmen packen sollten, das bleibt abzuwarten. An den Erfolg von Facebook, Instagram, Tinder oder Snapchat hat am Anfang schließlich auch keiner geglaubt.